dieser blog handelt von wachstum und entwicklung und begleitet unsere tochter marlen - vom schwangerschaftstest an...

das besondere: bei einem ultraschall in der 33. ssw wurde bei ihr eine fehlbildung im gehirn diagnostiziert - ein sogenannter balkenmangel. die ärzte können allerdings keinerlei vorhersagen machen, was dies konkret für marlens entwicklung bedeutet.

texte: "mutter" schreibt in weiß, "vater" in grau


Sonntag, 11. Juli 2010

Was uns natürlich auch Sorgen gemacht hat, war, dass der Folgetermin schon direkt am nächsten Morgen sein soll. Oft sind die Wartezeiten ja doch recht lang.

Donnerstag Morgen sind wir dann zu so einer Praxisklinik (eigentlich spezialisiert auf Paare mit Kinderwunsch), dort gings dann auch recht schnell zum Ultraschall.

Der Arzt hat dann das komplette Kind gescannt, Organscreening, u.a. und mit besonderer Aufmerksamkeit natürlich auch das Gehirn. Das hat bestimmt um die 30min gedauert. Dann haben wir und an den runden Tisch gesetzt zur Besprechung des Screenings. Aber halt, wir mussten dann doch nochmal zum Gerät, denn der Arzt hatte vergessen das Geschlecht zu untersuchen. Es wird wohl bis zum Ende unserer Tage ein Rätsel bleiben, ob das psychisch war und quasi eine gewisse Auflockerung bringen sollte oder ob er es echt vergessen hat.

Es ist jedenfalls noch immer ein Mädchen!

Dann die Besprechung: alle Organe gut entwickelt, alles im Normbereich. Wenn jemand so anfängt, so dachten wir beide, dann kanns ja nur schlimm werden. So sollte es auch kommen.

Es handelt sich nämlich nicht um eine einseitige Ventrikulomegalie, sondern die Vergrößerung ist beidseitig. Und, was noch wesentlich übler ist, die Ausbildung dieser Wasserbereiche ist tropfen- bzw. tränenförmig. Das lässt mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf schlißen, dass eine Fehlbildung im Gehirn vorliegt namens Corpus-callosum-Agenesie. Im Volksmund Balkenmangel oder Balkenagenesie genannt. Diese Fehlbildung äußert sich dadurch, dass zwischen den beiden Gehirnhälften keine oder nur eine mangelhafte Verbindung / Nervenverbindung besteht. Für das Kind kann dies unabsehbare Folgen haben. Die Spannbreite geht von vollkommen unauffällig bis hin zur schweren geistigen Behinderung.

Das muss man mal erlebt haben, in so einer Klinik mit dem Arzt an einem kleinen Runden Tisch sitzend solch eine Diagnose zu erhalten. Es ist geradezu gespenstisch. Komischerweise war ich - und ich glaube waren wir beide eigentlich recht gefasst. Na ja, was soll man auch groß machen? Ich schätze Mal ein Großteil all jener, die so was erfahren, bewahren die Fassung.

Der Arzt hat und das alles etwas genauer erklärt, was das neurologisch bedeutet, was es für Auswirkungen auf den Geist des Kindes haben kann (Geist des Kindes klingt irgendwie komisch - geistig behindert allerdings ist dann wieder normaler Sprachgebrauch) und vor allem wie es weitergeht.

Der nächste Weg führt dann in die Uniklinik. Dort haben wir für Donnerstag Nachmittag dann einen Termin bekommen.

Wirklich schlecht war, dass wir in einem extrem beengenden Flur, der die Größe einer besseren Besenkammer hatten, auf die Bestätigung dieses Termins ca. 30 min. haben warten müssen. Nur wir 2,5 Personen. Aber der Arzt war im Kreißsaal. Ich will darüber nicht meckern, ich schreibe es nur, da man sich dann beim Lesen evtl. vorstellen kann, wie schwierig es ist allein auf so engem Raum mit dieser Diagnose im Hinter-, Vorderkopf und im Herzen auf den nächsten Schritt zu warten.

Also, wie geschrieben, der zuständige Arzt in der Uniklinik war im Keißsaal, daher die lange Wartezeit. Nachdem wir den Termin dann festgemacht hatten, konnten wir die Praxisklinik verlassen.

Ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht so genau, wie die anschließenden Minuten dann waren, als wir in der Freiheit und Anonymität der Stadt waren. Ging eigentlich, glaube ich. Es war ziemlich warm. Meine Frau war gefasst aber innerlich doch offensichtlich ziemlich aufgelöst. Ich auch.

Haben für uns nochmal festgehalten, dass

a) es nur eine Verdachtsdiagnose ist (theoretisch könnten die Gehirnhälften normal verbunden sein, denn das ist im Ultraschall nicht darstellbar - das tropfenförmige Aussehen legt den Verdacht nur - sehr - nahe)
b) alles noch möglich ist, selbst wenn die Diagnose stimmt. Es ist wohl so, das tatsächlich auch bei vollständig fehlender Verbindung manchmal keinerlei Symptome auftreten. Allerdings kann auch bei einer nur teilweise fehlenden Nervenanbindung eine ernsthafte geistige Beginderung vorliegen.
c) unser Kind vollkommen normal entwickelt ist was alle anderen Organe wie auch das Aussehen angeht.
d) es leider nicht so gut bestellt ist um unser Kind.

Bis dahin hatte meine Frau übrigens eine vollkommen komplikatinslose Schwangerschaft.

Ich habe dann für Donnerstag und Freitag freigenommen und zuhause mussten wir beide erstmal ziemlich heulen.

Aber nicht sehr lange! Wir haben uns dann gefasst und sind ins Auto gestiegen um in die Natur zu fahren und bei einem Waldspaziergang ein bisschen die Lage zu erörten.

Es war ein sonniger wunderschöner Tag - und auch für uns beide ist dieser Tag, man glaube es oder nicht, einer der schönsten und intensivsten Tage seit langer langer Zeit.

Teilweise waren wir sogar ausgelassen.

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